65 T E X T Steffen Lüdeke Fortuna Düsseldorf klopft ans Tor zur Bundesliga. Der Aufschwung des Tradi- tionsvereins hängt auch zusammen mit einem Mann, der mehr im Hinter- grund wirkt: Erich Rutemöller. Vom DFB wurde Fortunas Sportvorstand am Montag besonders gewürdigt. Der langjährige Trainer und Ausbilder Rutemöller erhielt den „Ehrenpreis Lebenswerk“. 5 T R A I N E R P R E I S F Ü R W O L F Hannes Wolf ist mit dem „Trainerpreis des deutschen Fußballs 2017“ ausgezeichnet worden. Der 36-Jährige ist der erfolg- reichste Nachwuchstrainer der vergange- nen Jahre. 2014 und 2015 wurde er mit den B-Junioren von Borussia Dortmund Deut- scher Meister, 2016 mit den A-Junioren. Bis Ende Januar 2018 war er Cheftrainer des VfB Stuttgart, mit dem er in der vergan- genen Saison als Meister der 2. Bundesliga den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hatte. Der 36-Jährige ist der neunte Trainer, der diese Auszeichnung des DFB erhält. Bis- herige Preisträger waren Horst Hrubesch, Thomas Tuchel, Hermann Gerland, Chris- tian Streich, Norbert Elgert, Maren Meinert, Markus Kauczinski und Julian Nagelsmann. Die Auszeichnung würdigt insbesondere herausragende Leistungen eines Trainers oder einer Trainerin in der Nachwuchsar- beit. Geehrt wurde Wolf in Gravenbruch beim Festakt anlässlich der Beendigung des 64. Fußball-Lehrer-Lehrgangs. Z ur außergewöhnlichen Vita des Erich Rutemöller (73) zählen ungewöhnliche Anbahnungsgespräche, die er vor zwei Jah- ren führte. Rutemöller und Robert Schäfer, der Vorstandsvorsitzende von Fortuna Düsseldorf, sprachen über Möglichkeiten der Zusammenar- beit. Ungewöhnlich waren die Gespräche insbe- sondere beim vordergründigen Blick auf Rutemöl- lers Saldo. Der Zweitligist wollte Rutemöllers Know-how, seine Erfahrungen und seine Kontakte, Rutemöller wollte – nichts. „Für mich war klar, dass ich kein Geld annehmen würde“, sagt Rutemöller. Ungewöhnlich findet er dies nicht. Er hat eine andere Perspektive, aus seinem Blickwinkel sieht er sehr wohl einen Lohn. Jeder Tag bei Fortuna zahlt auf ein Konto ein, das ihm wichtiger ist als Summen in Euro: seine Erfahrung. Es ist ein Konto, das bereits prall gefüllt und seit Montag um eine Facette reicher ist. Rutemöller weiß nun, wie es sich anfühlt, vom DFB mit dem „Ehrenpreis Lebenswerk“ ausgezeichnet zu wer- den. Die Auszeichnung erfolgte im Rahmen der Abschlussveranstaltung des 64. Fußball-Lehrer- Lehrgangs, dabei sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel: „Erich Rutemöller hat über Jahrzehnte an vielen Stellen erfolgreich für den deutschen Fuß- ball gewirkt. Im Ausland war er ein herausragen- der Botschafter Deutschlands, im Inland war und ist er gefragt als Impuls- und Ratgeber.“ D A N K B A R U N D S T O L Z Rutemöller hat schon viel erlebt und gesehen, doch diese Form der Wertschätzung hat ihn sicht- lich gerührt. „Im wahrsten Sinne des Wortes: Ich fühle mich geehrt“, sagte er auf der Gala im Kem- pinski Gravenbruch. „Den Preis verbinde ich dane- ben mit zwei Begriffen – Dankbarkeit und Stolz.“ Rutemöller ist nach Dettmar Cramer, Udo Lattek, Gero Bisanz, Otto Rehhagel, Jupp Heynckes, Ott- mar Hitzfeld und Bernd Schröder der achte deut- sche Trainer, der den „Ehrenpreis Lebenswerk“ erhält. Er sagt: „Es ist mir eine große Ehre, dass sich mein Name nun in diese Reihe fügt.“ Rutemöller war in der Bundesliga Cheftrainer des 1. FC Köln und von Hansa Rostock. 1994 kam er zum DFB. Beim Verband war er verantwortlich für verschiedene Junioren-Nationalmannschaften, als Assistenztrainer der A-Mannschaft wurde er 1996 Europameister und 2002 Vizeweltmeister. 2000 trat er die Nachfolge von Gero Bisanz als Leiter des Fußball-Lehrer-Lehrgangs an, den Kurs verantwor- tete er bis Ende 2007. Für den DFB und für interna- tionale Verbände hat Rutemöller auf der ganzen Welt verschiedene Projekte betreut, als Ausbilder und Berater von Trainern und Verbänden. Dieses Engagement wollte er nicht aufgeben, als er mit Robert Schäfer über Möglichkeiten der Zusammen- arbeit sprach. Er wollte flexibel bleiben, wollte wei- ter Projekte in der ganzen Welt annehmen können. „Ich habe einen Erlebnisdrang in mir“, sagt er. Zum ersten Mal gespürt hat er ihn, als er von 1973 bis 1975 an der Florida International University in den USA Fußball spielte. „Dabei habe ich gemerkt, wie gut es mir bekommt, neue Situationen anzu- nehmen und zu meistern“, sagt er. „Daraus hat sich dann alles Weitere ergeben.“ Alles Weitere – das sind zum Beispiel Stationen in Nordkorea, Südko- rea, Afghanistan, Iran, Bhutan. 80 unterschiedliche Länder wurden ihm einmal angedichtet, eine Zahl, die er nicht bestätigen kann: „Die genaue Zahl kann ich leider nicht sicher nennen. Ich finde es auch nicht entscheidend, ob es jetzt 60, 70 oder 80 sind.“ N E U G I E R I G B L E I B E N Von 2000 bis 2007 hat Rutemöller an der Hennes- Weisweiler-Akademie rund 250 Trainer zu Fußball- Lehrern ausgebildet. Zu Rutemöllers Schülern zäh- len Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Dieter Hecking oder Christian Streich. Für die nächste Generation, für die 25 Fußball-Lehrer, die am vergangenen Montag ihre Lizenzen erhalten haben, hat er einen Rat. Rutemöller zögert kurz, als Oberlehrer will er sich nicht aufspielen. Dann sagt er: „Aus meiner Sicht ist das Wichtigste: Behaltet eure Neugierde! Voraussetzung für Wissen ist Neugierde. Gute Trai- ner müssen scheinbare Widersprüche vereinen: Sie müssen sich ständig hinterfragen und trotz- dem frei von Zweifeln sein, sie müssen in sich ruhen und trotzdem rastlos sein.“ So wie er. Seine Rastlosigkeit hat ihn bewegt, am Ende der Unterhaltung mit Schäfer in eine Zusam- menarbeit einzuwilligen. Seither fungiert er ehren- amtlich als Vorstand Sport. Und seither geht es steil bergauf mit Fortuna Düsseldorf, die Bundesliga- Rückkehr ist in greifbarer Nähe. Wobei Rutemöller zu bescheiden ist, seinen Anteil daran zu betonen. Er verweist auf die Arbeit des Trainerteams um Friedhelm Funkel und auf die Entwicklung im gesamten Verein. „Wir haben in Düsseldorf mitt- lerweile eine richtig gute Konstellation, die Mann- schaft ist gut aufgestellt, das Scouting ist gut auf- gestellt“, sagt er. „Die Option des Aufstiegs wirkt sich natürlich auch auf die Atmosphäre aus – es ist eine große Freude, in diesem Verein tätig zu sein.“