HAPOEL KATAMON

In Jerusalem unterstützt die DFB-Stiftung Egidius Braun zusammen mit der Jerusalem Foundation eine besondere Liga. Kinder aus den muslimischen und jüdischen Vierteln werden zum Fußballspielen und zum Erlernen der Sprache der jeweils anderen Kultur eingeladen. Arabische Kinder lernen Hebräisch, jüdische Kinder Arabisch. Thomas Hackbarth stellt das Projekt vor.

„Die Liga läuft seit vielen Jahren und über unseren Partner haben wir einen guten Einblick“, sagt Tobias Wrzesinski. „Ein besonderes Projekt der Liga fördern wir 2022 und 2023 mit jeweils 15.000 Euro, um dadurch bei der Stärkung von Gemeinschaft und Zusammenhalt in Jerusalem mitzuwirken.“

Der Erstligaklub Hapoel Jerusalem, traditionell Heimat für weltoffene Jerusalemer, also so etwas wie der FC St. Pauli Israels, hatte die Liga 2009 als Sozialprojekt gegründet. 2017 stieg die international operierende Jerusalem Foundation ein, nun beteiligt sich die DFB-­Stiftung. Maya und Sireen sind als Trainerinnen engagiert. Ich habe mich mit den beiden zu einem Video­gespräch verabredet. Zwei Frauen, unterschiedlich in Alter und Religion, mit ähnlichen Gedanken und einem ge­­mein­samen Ziel. Maya ist Israelin, vierfache Mutter und fast seit Beginn der Liga dabei. Sireen ist Araberin, spielte als kleines Mädchen selbst in der Liga und hat gerade ihr Studium beendet.

Es geht um Verständigung

„Meine Kinder besuchten eine zweisprachige Schule und beschlossen, dort ein Hapoel-Katamon-Team zu gründen“, erzählt Maya. „Inzwischen haben meine vier Kinder alle selbst in der Liga gekickt. Und ich entwickelte mich von einer Spielermutti zur Trainerin und leite heute das ‚One on One‘-Projekt.“ Sireen freut sich über den Zustrom junger arabischer Fußballerinnen: „Heute trainiere ich vier Teams mit jeweils 15 Mädchen. Jedes Jahr stoßen mehr Mädchen zu uns.“ Während ihres Studiums begann sie in der Liga zu coachen. „Ich verstand schnell, wie wirksam Hapoel Katamon sein kann.“ So dachte auch schon Teddy Kollek. Der damalige Bürgermeister hatte die Jerusalem Foundation 1967 gegründet, um mit besonderen Projekten die Köpfe und Herzen der religiös und sprachlich sich unterscheidenden Einwohnerschaft zu erreichen. 

„Die arabischen Kinder lernen zwar Hebräisch, das reicht aber nicht aus, um sich wirklich mit den jüdischen Kindern zu unterhalten“, erklärt mir Sireen. „Fußballtraining und Sprachunterricht, beides gehört zu unserem Angebot. Darum geht es im Kern.“ Maya spricht über Ängste und Vorurteile, an die man nur schwer rankommt. „Unsere jüdischen Kinder glauben, die arabischen Kinder würden schlecht über sie reden. Sie erwarten, im Training umgetreten zu werden. Ich kann ihnen ehrlich berichten: Die arabischen Kinder sagen das Gleiche über euch.“ Verständigung ist ein gutes Anliegen, aber die Menschen trennen auch handfeste Konflikte. Eine Fußball-Liga allein kann nicht die Welt verändern – und auch nicht Jerusalem. 

Anzahl der Gruppen wird ausgebaut

„Die Förderung aus Deutschland“, sagt Maya, „hat unserem ‚One on One‘-­Projekt richtig Schub gegeben. Wir wählen zwei Jungs oder zwei Mädchen aus benachbarten Stadtvierteln aus. An­­schließend organisieren wir ein Treffen, nicht im Wettbewerb, sondern als direkte Be­­­­geg­nung. Durch die Unterstützung der DFB-Stiftung Egidius Braun konnten wir die ‚One on Ones‘ ausbauen. Aktuell laufen 30 solcher Gruppen, bald werden es 35 sein.“

Sireen und Maya, eine Muslima und eine Jüdin, beide Trainerinnen in einer Jerusalemer Nachbarschaftsliga. Beide blicken mit Optimismus in die Zukunft ihrer Stadt. Nicht grenzenlos euphorisch, aber doch optimistisch. „Die Ge­­walt ist weniger geworden, auch wenn es immer noch zu viel ist“, sagt Sireen. Dann sagt Maya: „Juden und Araber, wir leben beide in derselben Stadt. Wir wohnen hier, wir gehen hier arbeiten, hier ziehen wir unsere Kinder auf. Heute gibt es viel mehr Plätze, an denen sich Menschen beider Kulturen treffen, als es in meiner Jugend der Fall war.“ 

Und ganz am Ende sagt Maya: „Die Realität der Menschen ist stärker als die Politik.“ Eine gute Hoffnung. Nicht nur in Jerusalem.