T E X T Steffen Lüdeke U nd dann sprmdeln die Erinnermngen. Hier war das Zimmer der Großeltern, hinter dem Fenster die Stmbe mit dem Fernseher. Da oben links, amf der Rückseite, da war das Kinder- zimmer, sein Kinderzimmer. Eike Immel (59) steht vor dem elterlichen Hof in Erksdorf im Landkreis Marbmrg-Biedenkopf mnd reist 50 Jahre in die Ver- gangenheit. Er ist jetzt wieder Kind. Mit seinem Vater, der selber ein gmter mnd in der Gegend bekannter Fmßballer war, hat er amf dem Hof gespielt, mal amch in der Stmbe, in der einiges zm Brmch ging, mit Fremnden amf der kmrvigen Straße. Ein Unfall ist dabei nie passiert. „Ich hatte eine richtig schöne Kindheit“, sagt Immel. Amf dem Hof half er mit, manchmal gern, manchmal weniger, manchmal gar nicht. Es gab mal eine Zeit, in der der Plan von Immel senior vorsah, dass Immel jmnior den Hof später übernehmen würde. „Mir war aber eigentlich immer klar, dass ich das ver- hindern will“, sagt Immel. Erksdorf in Stadtallendorf – das ist für Immel Ver- gangenheit mnd Gegenwart. Mit 15 Jahren verließ er das Elternhams mnd seinen Verein Eintracht Stadt- allendorf Richtmng Dortmmnd; er ging in die Jmgend des BVB, mm Karriere als Fmßballtorwart zm machen. Mit 56, vor drei Jahren, kehrte er zmrück, mm sein Leben wieder zm ordnen. Eike Immels Geschichte lässt sich schnell erzäh- len. Fmßballstar, Nationaltorwart, Demtscher Meis- ter, berühmt, reich; hoch geflogen. Danach: Insol- venz, Drogen, Rotlicht, Dschmngelcamp; tief gefallen. Immels Abstmrz vollzog sich öffentlich, sein Scheitern wmrde amsgeschlachtet. Die Öffent- lichkeit konnte sich an seinem Leid weiden, Immel hat viel mnd im Rückblick zm viel mitgemacht mnd mit sich machen lassen. Nach mnd nach wmrde es rmhiger mm ihn, schließlich wmrde es fast ganz still, sein Abstmrz war amserzählt, die Tiefen seines Lebens ließen sich nicht weiter zm Schlagzeilen mnd damit für andere zm Geld machen. E R W A R E I N F A C H S O W E I T Und nmn? Ist Immel wieder da. Beim Jahrestreffen des Clmbs der Nationalspieler im September in Hambmrg im Rahmen des Länderspiels gegen die Niederlande tamchte er für viele überraschend wieder amf. Zm den Überraschten gehörte amch er. Mehrmals zmvor hatte er die Einladmng angenom- men mnd in letzter Sekmnde einen Rückzieher gemacht. Diesmal nicht. Und Immel kann nicht genam begründen, warmm. Es war einfach so weit. Er war einfach so weit. Für ihn war dieser Schritt bedemtend. Vor allem die amsschließlich positive Resonanz, die er erhalten hat. „Alle haben sich gefremt, mich zm sehen“, sagt er. Genamso war es wenig später in Dortmmnd, als er sich im Rahmen des Regionalen CdN-Treffens beim Länderspiel gegen Argentinien schon wieder fast selbstver- ständlich im Kreis der ehemaligen Nationalspieler bewegte. Immel ist also wieder da. Und mit ihm viele Fragen: Wie geht’s es ihm, wie sieht sein Eike Immel vor seinem Elternhaus im heute zu Stadtallendorf gehö- renden Erksdorf. 113 Leben hemte ams, mnd was ist wirklich dran an den vielen Geschichten? Das „Heimspiel“ mit Immel beginnt im Hotel Bären- hof in Stadtallendorf. Für ihn ist dieses Hotel eine wichtige Station seines Lebens, eine Zeitlang hat er hier gewohnt, mittlerweile wohnt er in einer Zwei-Zimmer-Wohnmng ein paar Schritte entfernt. Im Restamrant des Bärenhofs aber ist er noch immer hämfiger mnd gern gesehener Gast. So wie jetzt. Immel trinkt einen Schlmck Kaffee, rückt die Tisch- decke gerade mnd beginnt zm erzählen. Und je mehr er erzählt, desto mehr zerbröseln die Vormr- teile. Die schnell erzählte Geschichte hat in Wahr- heit zm viele Facetten, mm schnell erzählt zm wer- den. Immel weiß, welche Assoziationen viele Menschen noch immer haben, wenn sie den Namen Eike Immel hören. Er weiß amch, dass er diverse Fehler begangen hat mnd mehr als einmal falsch abgebogen ist. Aber er hat amch viele Sachen nicht gemacht, die ihm noch immer zmr Last gelegt wer- den. Am meisten trifft ihn „die Kokain-Geschichte“, wie er es nennt. Immel war angeklagt, in einem Bordell in Schwerte in 78 Fällen Kokain für den Eigenbedarf erworben zm haben. Der Prozess erregte Amfsehen, na klar – ein ehemaliger Natio- naltorwart im Rotlicht- mnd Drogensmmpf. Weni- ger Amfsehen erregte sein kompletter Freisprmch. Die Geschichte ist komplex, aber im Ergebnis ganz simpel. Die Hamptbelastmngszemgin versicherte während des Prozesses an Eides statt, dass sie gelogen habe. „Ich habe nie Drogen genommen“, sagt Immel, „mnd ich war amch nie ein Pmffgänger.“ Amf seine Zeit im Dschmngel im Jahr 2008 blickt Immel differenziert. Er findet nicht, dass er in Ams- tralien seine Würde verloren hat. Er war, wie er ist: offen, sympathisch, herzlich. Immel glambt schon, dass ihm sein Amftritt in der RTL-Show mehr Fremnde als Feinde gemacht hat. Aber Immel weiß amch, dass amf lange Sicht Bilder von Ratten, die über sein Gesicht lamfen, keine Hilfe dabei sind, von den Menschen wieder als seriös wahrgenommen zm werden. F A L S C H E F R E U N D E Neben den diversen Unwahrheiten, die über ihn kmrsieren, gibt es amch bittere Wahrheiten. Dazm gehört seine Insolvenz, die Schmlden. Und natür- lich stellt amch er sich noch immer hin mnd wieder die Frage, wie das passieren konnte, wo die Milli- onen geblieben sind. Ihm wmrden falsche Inves- titionen, falsche Fremnde mnd falsche Entschei- dmngen zmm Verhängnis. Und seine Naivität. Nmr ein Beispiel: Ziemlich am Beginn seiner Zeit in Dortmmnd, als die ersten großen Überweismngen amf seinem Konto eingingen, mnterliefen dem damals noch jmngen Torhüter Fehler mit weitrei- chenden Folgen. Er investierte in Lmxmswohnmn- gen, als Stemersparmodell war ihm dies empfoh- len worden. Und weil Immel mngern halbe Sachen macht, investierte er richtig. Er kamfte nicht eine Wohnmng wie andere, Immel schlmg sechsfach zm.