14 E U R O 2 0 2 4 D F B - J O U R N A L 0 3 | 2 0 1 8 Nationalspieler und DFB-Integrationsbeauftragte Cacau, FIFA-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus sowie Jürgen Eißmann, Referent im Bewerbungsverfahren, Samy Julien Hamama und Stephan Brause, Medienverantwortlicher der Bewerbung. Eine prominente Auswahl, die eindrucks- voll die Vielfalt und Einheit des deutschen Fußballs symbolisierte. Und ein Team, das im Moment des Tri- umphes Größe zeigte. Im zurückhaltenden Jubel im Anschluss an die Entscheidung drückte sich der Respekt vor dem Konkurrenten aus. Die Türken scheiterten schließlich zum vierten Mal in Folge als Bewerber um die Europameisterschaft. Nicht nur Philipp Lahm weiß aus Erfahrung, wie man im Augenblick des Sieges Anstand wahrt – und wie schmerzhaft Niederlagen sein können. G R O S S E S F E S T „Wenn man gewinnt, das habe ich als Sportler festge- stellt, gibt es auch immer jemanden, der verliert. Wir haben uns alle gefreut, das hat man uns angesehen, aber man darf nie den Respekt vor dem Gegner verlie- ren“, sagte Lahm, der die Nationalmannschaft 2014 in Rio de Janeiro als Kapitän zum WM-Triumph geführt hatte – auf dem Weg zum Titel hatte das DFB-Team unter anderem den Gastgeber mit 7:1 besiegt. Lahm feierte auch abseits des Rasens auf dem Feld der Sportpolitik auf Anhieb einen für den deutschen Fußball bedeuten- den Erfolg – obwohl er zugeben musste: „Ich spüre eine große Erleichterung und eine Vorfreude, denn die Span- nung war riesig. Das war auch für mich ein neues Gefühl.“ Der Münchner, das Gesicht der deutschen Bewerbung, lud im Hochgefühl des Sieges ganz Europa zu einer Fuß- ballfeier in Deutschland ein: „Wir können gemeinsam in Europa ein großes Fest feiern – und das auch noch bei uns zu Hause. Wir haben tolle Stadien. Wir haben Zuschauer, die Fußball lieben. Wir sind gastfreundschaft- lich und offen, und das wollen wir zeigen. Wir haben uns viel vorgenommen, wir wollen das teilen und alle mitnehmen.“ Das Motto der deutschen Bewerbung „United by Foot- ball – Vereint im Herzen Europas“ wurde nicht erst in Nyon mit Leben gefüllt, sondern schon in den Monaten zuvor. Ausländische Bundesligastars, unter anderen Welt- meister Corentin Tolisso, Arjen Robben, Leon Bailey, Naldo, Javi Martínez, Raphaël Guerreiro, Vedad Ibišević, Yann Sommer, Martin Harnik, Yevhen Konoplyanka und Pál Dárdai, hatten in einer Videoserie von ihrem Leben in Deutschland berichtet – und sich für eine EURO in Deutschland ausgesprochen. „Die EURO 2024 in Deutsch- land, das kann ein sehr attraktives Turnier werden. In Deutschland gibt es tolle Stadien. Die Menschen sind bereit. Eine EM direkt vor der eigenen Haustür, das wäre auch für uns Niederländer toll“, sagte etwa Robben. Die DFL und die Bundesligaklubs zeigten ihre Unterstüt- zung der deutschen Bewerbung auch unmittelbar vor der Vergabe noch einmal mit Nachdruck. Im Rahmen eines bundesweiten Aktionsspieltags trugen sämtliche Mannschaften das Logo der deutschen Bewerbung auf dem Trikotärmel und die Teams nahmen vor Anpfiff hin- ter der „United by Football“-Bande Aufstellung zu einem gemischten Mannschaftsfoto. Im Stadion-TV lief der offizielle Bewerbungsfilm und in den sozialen Netzwer- ken warben die Klubs für „Germany 2024“. Nicht nur die Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga beteiligten sich, sondern auch die der 3. Liga, der Allianz Frauen- Bundesliga, der 2. Frauen-Bundesliga sowie die Landes- verbände mit zahlreichen Amateurvereinen. Ein beein- druckendes Zeichen, dass der gesamte deutsche Fußball von der Spitze bis zur Basis hinter der Bewerbung stand. M E H R A L S 9 0 P R O Z E N T Z U S T I M M U N G Auch der Rückhalt in der Bevölkerung war groß: Über den gesamten Bewerbungszeitraum hinweg lag die Zustimmung unter den Fußballinteressierten in Deutsch- land repräsentativen Umfragen zufolge stets um die 90 Prozent. Die begeisternden Bilder vom bislang letzten großen Turnier der Männer in Deutschland haben schließ- lich Eindruck hinterlassen. Die Weltmeisterschaft 2006, die als „Sommermärchen“ in die Geschichte einging, sendete das Bild von einem freundlichen, weltoffenen Deutschland in alle Welt. „Der europäische Fußball genießt in Deutschland bekanntermaßen weit verbrei- tete Unterstützung, was nicht zuletzt auf die positive Erfahrung des ‚Sommermärchens‘ bei der WM 2006 zurückzuführen ist“, hieß es dazu im Evaluierungsbe- richt der UEFA. Dieser Report, den der Verband sechs Tage vor Vergabe des Turniers veröffentlicht hatte, war ein erster Hinweis auf die Entscheidung. Er enthielt viel Lob für die ausgezeichnete deutsche Bewerbung, unter anderem wurde dem DFB eine „inspirierende, kreative und sehr professionelle Vision“ bescheinigt. Der DFB punktete auch mit seinem nachhaltigen Enga- gement, schließlich hatten Lahm und Co. im April zusam- men mit dem Bid Book, in dem auf 1.628 Seiten alle geforderten Bewerbungsunterlagen zusammengestellt waren, zusätzlich noch ein freiwilliges umfassendes Nachhaltigkeitskonzept eingereicht, das zuvor gemein- sam mit zahlreichen internen und externen Experten erarbeitet worden war. „Wir haben in Deutschland alle Voraussetzungen für ein perfekt organisiertes, aber auch nachhaltiges Turnier. Wir wollen zeigen, dass es mög- lich ist, umweltfreundlich und ressourcenschonend eine Sportgroßveranstaltung aufzuziehen“, sagte Celia Šašić, die nicht erst während der Final Presentation auf der Bühne mit ihrem Auftreten überzeugte. „Es war für mich eine große Ehre, Teil der Delegation zu sein und auch Teil derjenigen, die die Fragen der Exko-Mitglieder beant- worten durften. Das war eine große Verantwortung. Jetzt freue ich mich auf 2024.“ Denn nach dem Zuschlag ist vor dem Turnier. „Jetzt fängt die Arbeit an. Wir müssen mit der UEFA Gesprä- che darüber führen, wie sich die Zusammenarbeit gestal- tet“, sagte Generalsekretär Curtius. Sicher ist: Lahm wird Chef der Turnierorganisation und wird als kooptiertes Mitglied künftig dem DFB-Präsidium angehören. „Ich bin mir sicher, dass wir aufgrund unserer Turniererfah- rung von der WM 2006 und der Frauen-WM 2011 ein verlässlicher und guter Partner der UEFA sein und für den Fußball die besten Lösungen entwickeln werden“, sagte Curtius. Um den Bildern der glorreichen Vergan- genheit spätestens in sechs Jahren neue hinzufügen zu können.