28 » 2 0 J A H R E A K T I O N E H R E N A M T« Ist der DFB aus Ihrer Sicht zu träge? In einem Interview haben Sie mal angemerkt, Empfehlungen werden von Verbänden generell oft erst langsam praxiswirksam umgesetzt. Verbände berücksichtigen Empfehlungen vor allem dann, wenn sie zur Lösung von aktuellen Problemstellungen bei- tragen. Zum Beispiel befassen sich Sportverbände und auch -vereine immer intensiver mit alternativen Wegen der Ehren- amtsgewinnung, weil die klassische Ochsentour nicht mehr so funktioniert wie früher. Der DFB als Dachorganisation hat dabei eine Dienstleistungs- und Ordnungsfunktion für die Mitgliedsorganisation und eine Lobbyfunktion gegen- über Staat und Wirtschaft. Er ist eher Manager innerver- bandlicher Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse und weniger Herrschaftsmonopolist, der verbandspolitische Positionen und Programme von oben nach unten durchset- zen könnte. Das Management vielfältiger Positionen in einem komplexen Geflecht von autonomen Mitgliedsorga- nisationen ist immer ein langwieriger und aufwendiger Prozess, den der Dachverband organisieren muss. Ob im Einzelnen ausgewählte Empfehlungen von DFB-Maßnah- men an der Vereinsbasis umgesetzt werden, ist schlussend- lich abhängig vom jeweiligen Verein. Können Vereine beim Umgang mit dem Ehrenamt etwas von Wirtschaftsunternehmen lernen? Das geschieht doch schon seit Längerem. Vereine versuchen besser zu verstehen, wie Wirtschaftsunternehmen ihr Per- sonal verwalten. Denn auch Ehrenamtlichkeit wird gewon- nen, gebunden und qualifiziert. Vereinsvorstände heute müssen auch eine ehrenamtliche Tätigkeit projektieren können. Das beginnt bei der ersten Ansprache, es geht darum, eine richtige Passung von Person und Aufgabe zu finden, um eine erfolgreiche Integration in die Vereinskultur, das geht weiter bei der eminent wichtigen Qualifizierung im Ehrenamt und endet schließlich mit einer würdigen Ver- abschiedung. Es ist sinnvoll, angekoppelt am Vorstand, ein Team zur Gewinnung, Bindung und Lenkung von Ehrenamt- lichkeit einzurichten. Wäre es nicht auch eine gewinnbringende Strategie für Vereine, bislang sträflich unterrepräsentierte Gruppen gezielt anzusprechen? Vereine arbeiten sehr häufig so, dass über die langjährige Mitgliedschaft, etwa als aktiver Fußballer in der Jugend und später in der Seniorenmannschaft, die spätere Gewinnung für ein Ehrenamt vorbereitet wird. Die Ochsentour verleiht Gewissheit: Der passt hier rein. Erfolgreiches Engage- ment-Management sollte Aufgaben stattdessen so spezifi- zieren, also das Know-how und das nötige Zeitinvest definie- ren, dass man auch Personen ansprechen kann, die noch nicht so viele Jahre im Verein aktiv sind oder aber wie bei- spielsweise Eltern von Jugendspielern noch gar nicht dem Verein angehören. Das kann sich aus der Perspektive der Vereine nicht nur mit Blick auf die Ansprache und Gewinnung von Frauen für Vereinsengagements lohnen, sondern auch von anderen Bevölkerungsgruppen, die bislang im ehren- amtlichen Engagement deutlich unterrepräsentiert sind. D I E F A K T E N R U N D 1 , 7 M I O . M E N S C H E N S I N D E H R E N A M T L I C H T Ä T I G . – D A S B I L D U N G S N I V E A U L I E G T Ü B E R D E M B E V Ö L K E R U N G S S C H N I T T . I M M E R M E H R Ä LT E R E I N D E N – V O R S T Ä N D E N . – K E I N E H R E N A M T I N D E R L E B E N S M I T T E . – K O M P E T E N Z E R W E R B I M M E R B E D E U T S A M E R . Zum Abschluss – was bringt die Zukunft? Ich glaube, dass Vereine und darübergelagerte Verbände immer deutlicher erkennen und herausstellen werden, dass sie mit einer der kostbarsten Ressourcen des Vereinsfuß- balls an der Basis, nämlich den Zeit- und Wissensspenden der Mitglieder, besonders sorgsam, fördernd und wertschät- zend umgehen müssen. Denn Existenz und Fortbestand der Vereine hängen davon ab, inwieweit es genug Menschen gibt, die bereit und in der Lage sind, die Rahmenbedingun- gen dafür zu schaffen, dass alle Mitglieder mit sauberen Trikots auf gepflegten Sportplätzen in gut trainierten und betreuten Teams erfolgreich Fußball spielen können. Die freiwillige Zeit- und Wissensspende der Mitglieder betont zudem auch die Art und Weise, wie die Angebote erstellt werden, nämlich durch ein bürgerschaftliches Engagement. Umso stärker der Freizeitsektor Fußball als Ware anbietet, desto sichtbarer wird die Besonderheit der Vereinsarbeit werden.